Gemeinderat

in Baden-Württemberg

Der Gemeinderat ist die politische Vertretung der Bürgerschaft. Er ist das „Hauptorgan der Gemeinde“, so steht es in der Gemeindeordnung (§ 24,1 Satz 1). Er „legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist“ (Gemeindeordnung §24,1 Satz 2). Dem Gemeinderat obliegt zudem die Kontrolle der Gemeindeverwaltung. Die Amtszeit der Gemeinderäte beträgt fünf Jahre.

Was macht der Gemeinderat? Welche Aufgaben, Rechte und Pflichten hat der Gemeinderat? Wer sitzt im Gemeinderat und wie arbeitet das Gremium? Das erfahren Sie auf dieser Seite.

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Erklärvideo: Was machen Bürgermeister und Gemeinderat?

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Einfach erklärt: Was ist der Gemeinderat?

Der Gemeinderat ist das „Hauptorgan der Gemeinde“.
So steht es in der Gemeindeordnung (§ 24,1 Satz 1).
Er ist die politische Vertretung der Bürgerinnen und Bürger.

Die Sitzungen des Gemeinderats sind in der Regel öffentlich, können aber auch nichtöffentlich durchgeführt werden. Darüber entscheidet der Gemeinderat. Den Vorsitz hat der Bürgermeister/die Bürgermeisterin oder der Oberbürgermeister/die Oberbürgermeisterin. 

Der Gemeinderat entscheidet über die Angelegenheiten der Gemeinde. Zum Beispiel über den Bau eines Kindergartens oder über die Höhe der Grundsteuer.

Der Gemeinderat kann einen Ausschuss für eine besondere Aufgabe einsetzen. Zum Beispiel einen Ausschuss für Schule und Sport oder einen Ausschuss für Verkehr und Umwelt.

Der Gemeinderat kontrolliert den Bürgermeister/die Bürgermeisterin und die Gemeindeverwaltung.
 

Die Rechte des Gemeinderates:

  • Recht auf Information und Mitwirkung
  • Satzungsrecht: Der Gemeinderat beschließt die „Gemeindegesetze“.
  • Etatrecht: Der Gemeinderat entscheidet über den Haushalt.
  • Planungshoheit: Der Gemeinderat entscheidet über die Zukunft der Gemeinde, zum Beispiel über neue Baugebiete oder Gewerbegebiete.
  • Personalhoheit: Der Gemeinderat entscheidet darüber, wer bei der Gemeinde angestellt wird.


Alle fünf Jahre werden die Gemeinderäte bei den Kommunalwahlen neu gewählt.

Sie sind ehrenamtlich tätig. In kleineren und mittleren Gemeinden sind die Gemeinderäte etwa 30 bis 35 Stunden im Monat mit der Arbeit im Gemeinderat beschäftigt. In größeren Städten und vor allem in den Großstädten ist der Zeitaufwand deutlich höher. Gemeinderäte bekommen für ihr Engagement in aller Regel eine finanzielle Aufwandsentschädigung.

Die Zahl der Gemeinderäte richtet sich nach der Einwohnerzahl der Gemeinde. In Tuttlingen zum Beispiel hat der Gemeinderat 34 Mitglieder. Die Stadt liegt im Süden von Baden-Württemberg an der Oberen Donau und hat knapp 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner.
 

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Was sind Ortschaftsräte und Bezirksbeiräte?

Die Gemeindeordnung sieht verschiedene Möglichkeiten vor, um Ortsteilen ein größeres Mitwirkungsrecht an Entscheidungen der gesamten Gemeinde einzuräumen und um dadurch mehr Bürgernähe zu erzielen:

  • In Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen kann die Ortschaftsverfassung eingeführt werden. Der von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählte Ortschaftsrat hat ein Anhörungs- sowie Vorschlagsrecht und berät die örtliche Verwaltung. Ihm können Entscheidungsrechte übertragen werden.
  • In großen Städten und Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen können Bezirksbeiräte gebildet werden, deren Mitglieder vom Gemeinderat bestellt werden (z. B. in Mannheim) oder vom Gemeinderat vorgeschlagen und vom Oberbürgermeister bestellt werden (z. B. in Stuttgart). In Großstädten können die Bezirksbeiräte auch direkt gewählt werden. Davon wird derzeit in Baden-Württemberg aber kein Gebruach gemacht. Der Bezirksbeirat berät die örtliche Verwaltung und hat ein Anhörungsrecht, jedoch keine Entscheidungsrechte.

Welche Aufgaben hat der Gemeinderat?

Der Gemeinderat ist kein Parlament, sondern ein Verwaltungsorgan, das die Verwaltung – auch mit Einzelfallentscheidungen – anleitet. Gemeinderäte sind ehrenamtlich tätig. Sie entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung.

Das kommunale Verfassungssystem in Baden-Württemberg ist die Süddeutsche Ratsverfassung, bei der es sich um eine Mischform zwischen kollegialer und monokratischer Verfassung handelt. Bürgermeister, Gemeinderat und Zentralverwaltung sind kommunalpolitische Institutionen mit gesamtstädtischem Bezugsrahmen. Die Entscheidungen liegen beim Gemeinderat sowie bei der (Ober)-Bürgermeisterin bzw. dem (Ober)-Bürgermeister.

Der Gemeinderat erlässt nicht nur Rechtsvorschriften (Satzungen), wählt das Führungspersonal und kontrolliert die Verwaltung, sondern fällt auch Einzelfallentscheidungen, weist die Verwaltung an und stellt das gesamte Gemeindepersonal ein (sofern diese Aufgabe nicht, bis zu einer gewissen Gehaltsgruppe etwa, dem Bürgermeister übertragen wird). 

Die Aufgaben im Überblick

  • Aufstellung des Haushaltsplans der Gemeinde
  • Satzungsrecht-, Planungs- und Personalhoheit
  • Kontrolle der Gemeindeverwaltung
  • Kontrolle der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters

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Was sind die Rechte und Pflichten des Gemeinderats?

Die wichtigsten Rechte des Gemeinderats sind:

  • freie Ausübung des Mandats;
  • das Satzungsrecht (das „Gesetzgebungsrecht“ der Gemeinde);
  • das Recht auf Information;
  • das Recht auf Mitwirkung;
  • das Etatrecht;
  • die Planungshoheit;
  • die Personalhoheit (die Einstellung von Gemeindebediensteten).

Die wichtigsten Pflichten des Gemeinderats sind:

  • allgemeine Treupflicht;
  • Verschwiegenheit;
  • Verbot der Mitwirkung bei Befangenheit;
  • gesetzmäßiges Handeln;
  • freie, nur an das Gewissen gebundene Entscheidung.

Wer sitzt im Gemeinderat?

Rund 20.000 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte gibt es in Baden-Württemberg. Ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre. Sie werden durch die Bürgerinnen und Bürger der Kommune gewählt. Die Zahl der Gemeinderatsmitglieder richtet sich nach der Einwohnerzahl der Gemeinde. 

Die ehrenamtliche Tätigkeit in einem Gemeinderat ist zeitaufwändig. Das hat Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Gremien, wie eine Studie der Hochschule Kehl ergab (Quelle). Etwa 80 Prozent der in dieser Studie befragten Gemeinderäte sind erwerbstätig. Unter diesen Erwerbstätigen sind

  • rund 38 % Angestellte oder leitende Angestellte,
  • rund 23 % Selbstständige und freiberuflich Tätige,
  • rund 11 % Prozent Beamte und leitende Beamte,
  • nur knapp 1 % ist der Gruppe der Arbeiter bzw. Arbeiterinnen zuzurechnen. 

Wie hoch ist der Frauenanteil?

Nach den Gemeinderatswahlen 2019 hat der Anteil weiblicher Abgeordneter in den Gemeinderäten des Landes mit 26,8 Prozent erstmals über ein Viertel betragen (zum Vergleich 2014: 23,9 Prozent). Von den zu vergebenden 18.675 Sitzen gingen insgesamt 5.006 an Frauen und 13.669 an Männer. In insgesamt 22 Gemeinden wurde keine einzige Frau in den Gemeinderat gewählt. Demgegenüber betrug der Frauenanteil in 19 Gemeinderäten 50 Prozent oder mehr. (Quelle: Statistisches Landesamt)

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Wer wird in den Gemeinderat gewählt? Wie werden Gemeinderäte gewählt?

Eine ausführliche Übersicht zum Wahlrecht.

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Wie arbeitet ein Gemeinderat?

Die praktische Vorgehensweise bei der Gemeinderatsarbeit ist sehr unterschiedlich. Die Gemeindeordnung kennt zwar den Begriff der Fraktion (GemO= §32a), lehnt andererseits sowohl Fraktionszwang als auch imperatives Mandat ab. Die Definition des Begriffs „Fraktion“ und deren Mindestgröße ist dem jeweiligen Gemeinderat überlassen. Rechte und Pflichten der Fraktionen regelt die Geschäftsordnung. Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Gemeinderats mit. Die Entscheidung über einen Fraktionsvorstand und Fraktionssitzungen zur Vorberatung trifft die jeweilige Fraktion. In größeren Gemeinden geschieht die Aufteilung der Arbeit vorher in Fraktionen bzw. Gruppen und aus zeitökonomischen Gründen nimmt häufig auch nur ein Sprecher für die jeweilige Gruppe Stellung. In kleinen Gemeinden gibt es – teilweise trotz Wahl nach Parteienlisten – in vielen Fällen noch die Sitzordnung um einen Tisch herum, wo jeder Gemeinderat gleichermaßen beteiligt ist und für sich selbst spricht.

Die Tagesordnung für eine Gemeinderatssitzung wird durch die (Ober-)Bürgermeisterin bzw. den (Ober-)Bürgermeister aufgestellt. Daneben gibt es die Möglichkeit, einen Ältestenrat zur Beratung über zukünftige Planungen allgemein und konkret über Sitzungen einzurichten. Bürgermeister und Verwaltung erarbeiten eine schriftliche Vorlage über die Hintergründe des Themas und unterbreiten einen Beschlussvorschlag.

In größeren Gemeinden wird zunächst in nach Sachgebieten orientierten Ausschüssen (z. B. Sozialausschuss) diskutiert, danach in einem sogenannten „Beschließenden Ausschuss“. Bei den „Beschließenden Ausschüssen“ ist vor allem der Verwaltungsausschuss sowie der Ausschuss für Technik und Umwelt zu nennen. Allgemein sollen Ausschusssitzungen genauso wie Gemeinderatssitzungen öffentlich sein. Wenn es sich allerdings um den Schutz von Personen dreht, ist eine nichtöffentliche Sitzung möglich. Insgesamt ist eine Parlamentarisierung der Arbeit festzustellen.

Je größer die Gemeinde ist, desto weniger gilt die Aussage „Parteien haben auf dem Rathaus eigentlich nichts zu suchen“. Dies gilt besonders in den 20 größten Städten des Landes. Außerdem ist ein deutlicher Unterschied zwischen ehemals badischen Städten und ehemals württembergischen Städten festzustellen. 74 Prozent aller badischen Gemeinderäte gehören einer Partei an, aber nur 53 Prozent der württembergischen. Ähnliche Unterschiede sind auch bei den Bürgermeistern festzustellen. 

In einer Hauptsatzung wird vom Gemeinderat über die Einrichtung eines Ältestenrates entschieden und die Größe der Ausschüsse festgelegt. Die Sitzverteilung geschieht nach Sainte-Laguë/Schepers entsprechend der Zusammensetzung des Gemeinderats. Kleinere Fraktionen können dadurch vergleichsweise schlecht wegkommen, Gruppen oder gar Einzelpersonen (z. B. nach Austritt aus einer Partei oder Fraktion) haben keinen Anspruch auf Ausschusssitze. Jede Fraktion trifft die Auswahl der jeweiligen Fraktionsvertreter in den Ausschüssen zunächst selbst, die Zusammensetzung muss jedoch vom Gemeinderat bestätigt werden. Dies erfordert jeweils eine erneute Abstimmung über deren Zusammensetzung, wenn ein Gemeinderat durch einen Nachrücker ersetzt wird.

Gemeinderäte fühlen sich vor allem in kleineren Gemeinden oftmals mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gegenüber dem Informationsvorsprung des Bürgermeisters bzw. der Bürgermeisterin und der Fachkenntnis der Verwaltung unterlegen. In größeren Gemeinden dagegen sehen Gemeinderäte durch Zusammenarbeit innerhalb der Fraktion eher Einflussmöglichkeiten. Insgesamt allerdings würden viele Gemeinderäte es vorziehen, die Arbeit auf wichtige Themen zu beschränken und Routinearbeiten dem Bürgermeister zu überlassen.

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Wie oft finden Sitzungen des Gemeinderats statt?

Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich. Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner erfordern.

Unter dem Vorsitz der (Ober-)Bürgermeisterin bzw. des (Ober-)Bürgermeisters beraten und entscheiden die Gemeinderäte die Belange der Gemeinde.

Der Bürgermeister beruft den Gemeinderat schriftlich oder elektronisch mit angemessener Frist ein und teilt rechtzeitig die Verhandlungsgegenstände mit. Dabei sind die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen. Der Gemeinderat ist einzuberufen, wenn es die Geschäftslage erfordert; er soll jedoch mindestens einmal im Monat einberufen werden. Der Gemeinderat ist unverzüglich einzuberufen, wenn es ein Viertel der Gemeinderäte unter Angabe des Verhandlungsgegenstands beantragt. Die Gemeinderäte sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen.

Der Gemeinderat beschließt durch Abstimmungen und Wahlen. Der Gemeinderat kann nur in einer ordnungsmäßig einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen. Der Gemeinderat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte aller Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist. Der Gemeinderat stimmt in der Regel offen ab. Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefasst. Der Bürgermeister hat Stimmrecht, bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Wahlen werden geheim mit Stimmzetteln vorgenommen; es kann offen gewählt werden, wenn kein Mitglied widerspricht. Auch bei Wahlen hat der Bürgermeister Stimmrecht. Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der Stimmen der anwesenden Stimmberechtigten erhalten hat.

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Wie groß ist der zeitliche Aufwand?

Gemeinderäte (und Ortschaftsräte) sind ehrenamtlich tätig, bekommen für ihr Engagement aber in aller Regel eine Entschädigung. Die monatliche Entschädigung beträgt bei kleineren Gemeinden bis 5.000 Einwohner in der Regel rund 100 Euro, sie nimmt mit steigender Gemeindegröße zu. Hinzu kommen noch Sitzungelder für Rats- und Ausschusssitzungen. Ein Stadtrat in Stuttgart (Stand 2022) kommt z. B auf einen monatlichen Grundbetrag von 1.650 Euro plus mindestens 70 Euro pro Sitzung (abhängig von der Dauer der Sitzungen kann das auch mehr sein). Fraktionsvorstände und Ausschusssprecher werden höher entschädigt.

Dabei ist die zeitliche Belastung in kleineren Gemeinden mit durchschnittlich 30 bis 35 Stunden im Monat relativ zeitaufwändig. In Großstädten entspricht der Zeitaufwand durchaus einer beruflichen Halbtagesstelle. Neben den Rats- und Ausschussitzungen fallen weitere Tätigkeiten an: Ausschussarbeit, persönliche Sitzungsvorbereitung, Fraktionsarbeit, Parteiarbeit, Kontakte zu Vereinen, Kontakte mit Verwaltung, direkte Bürgerkontakte und weitere amtsbedingte Funktionen (Quelle).

Jugendgemeinderäte

Kinder sollen und Jugendliche müssen seit 2015 in Baden-Württemberg an Entscheidungen beteiligt werden, von denen sie betroffen sind. In etlichen Gemeinden gibt es inzwischen auch einen Jugendgemeinderat mit Vorschlags-, Anhörungs- und Antragsrecht.

mehr zu: Kommunale Kinder- und Jugendbeteiligung

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Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: Juni 2023.

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